Die in dieser Ausstellung gezeigten feministischen Initiativen und Gruppen kämpfen gegen gesellschaftliche Strukturen, die Geschlechterungleichheiten unterstützen oder gar forcieren, und durch die geschlechtsspezifische Diskriminierung bis in den Alltag hinein spürbar wird. Um diese strukturellen Ungleichheiten und Formen der Unterdrückung in ihrer politischen Praxis zu benennen, verwenden die Aktivist*innen unterschiedliche Begriffe: Die Rede ist vom Patriarchat und patriarchalen Verhältnissen, von Sexismus und sexistischen Strukturen, von männlicher Herrschaft, Machismo oder Misogynie, also Frauenfeindlichkeit. Begriffe wie Patriarchat und Sexismus sind jedoch nicht nur als Kampfparolen, sondern auch als analytische Konzepte zu verstehen, um gesellschaftliche Strukturen zu analysieren und sichtbar zu machen (vgl. Gerhard 2019: 224ff.; vgl. Arndt 2020: 16f.).

Patriarchat bezeichnet zunächst ein »Gesellschaftssystem, in dem Frauen von Männern bzw. Vätern unterdrückt, kontrolliert und repräsentiert werden« (Gerhard 2019: 222). In den Frauenbewegungen der 1970er Jahre war das Konzept ein wichtiges Schlagwort feministischer Opposition und diente als »Sammelbegriff für die alle Lebensbereiche prägenden Strukturen der Unterordnung, Diskriminierung und Ausbeutung der Frau sowie für alle Formen direkter und symbolischer Gewalt« (ebd.: 221). Die in dieser Zeit entwickelten feministischen Theorien analysierten die Ursachen für die Vorrangstellung des Mannes in sämtlichen Lebensbereichen und zeigten, inwiefern es sich bei bestimmten Formen vergeschlechtlichter Machtausübung um patriarchale Herrschaft handelte (vgl. ebd.: 221ff.).

Sexismus ist nach Susan Arndt als »historisch gewordenes System mit kollektivem Wiederholungscharakter« (Arndt 2020: 20) zu verstehen. Er muss folglich als (Wissens-)System betrachtet werden, welches die Normalisierung und Privilegierung der männlichen, heterosexuellen Norm vertritt und durch das ein geschlechtshierarchisierender Dualismus entstand, der Frauen von Männern nicht nur biologisch unterscheidet, sondern auch im sozialen Umfeld als grundsätzlich anders klassifiziert (vgl. Arndt 2020: 27ff.; vgl. Bourdieu 1997: 155ff.).

Patriarchat und Sexismus stehen demzufolge im reziproken Verhältnis zueinander — während Sexismus, eng an gesellschaftliche Diskurse verknüpft, »eine sexistische Weltanschauung« (Arndt 2020: 27) forciert, trägt das Patriarchat als »überzeitliches Herrschaftssystem« (Gerhard 2019: 227) zum Erhalt eben dieser Strukturen bei und so werden neben verschiedenen Gewaltformen auch strukturelle Machtkonstellationen und Formen der Kontrolle sichtbar, welche sich in den sozialisierten und politisierten Körpern der Frauen und Männer niederschlagen (vgl. Bourdieu 1997: 156ff.;186 ff.). In diesem historisch gewachsenen und auf Gegensätzen (Frau/Mann, Objekt/Subjekt) beruhendem System, kämpfen heute deshalb nicht nur Frauen für eine Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern auch immer mehr Männer lehnen sich gegen das Patriarchat und die durch dieses System oft unsichtbar gewordenen (sexualisierten) Gewaltstrukturen auf, die letztlich alle Geschlechter und alle Sexualitäten betreffen (vgl. Arndt 2020: 24ff.; vgl. Bourdieu 1997: 210). So kämpft, wie zu Beginn erwähnt, jede der in dieser Ausstellung vorgestellten feministischen Initiativen und Gruppen gegen eben diese Strukturen. Im Fall der geschlechtersensiblen Jungen*arbeit geht es beispielsweise um die Aushandlung von Männlichkeit(en). guide und Care.Macht.Mehr setzen sich gegen die Verstrickung von geschlechterbasierten Rollenerwartungen und Chancen sowie Barrieren im Bereich der (Erwerbs-)Arbeitswelt ein. Das feministische Magazin Wepsert fördert Berichterstattung aus weiblichen und anderen marginalisierten Perspektiven, um Diskurshoheiten umzudeuten. Und in den Bereichen der Rechtssprechung, der Politik oder den alltäglichen Lebenswelten setzen sich Initiativen wie Ni Una Menos Munich, Antisexistische Aktion München (ASAM), Netzwerkfrauen-Bayern, Slutwalk und catcallsofmuc gegen sexualisierte, sexistische und patriarchale Gewalt ein.

 

Literatur:
Arndt, Susan (2020): Sexismus*. Geschichte einer Unterdrückung. München.
Bourdieu, Pierre (1997): Die männliche Herrschaft. In: Dölling, Irene; Krais, Beate (Hrsg): Ein alltägliches Spiel. Geschlechterkonstruktion in der sozialen Praxis. Frankfurt a. M., S. 218-230.
Gerhard, Ute (2019): Patriarchat – Patriarchalismus: Kampfparole und analytisches Konzept. In: Kortendiek, Beate; Riegraf, Birgit; Sabisch-Fechtelpeter,
Katja (Hrsg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Wiesbaden, S.221-230.
von Theresa Brunnhuber
« Back to Glossary Index